Wenn über die Zukunft unserer Energieversorgung gesprochen wird, ist viel von Eigenversorgung, Prosumer, Energiekommunen, und ähnlichem die Rede. So auch in einer luxemburgischen Gesetzesvorlage, die gerade auf dem Instanzenweg ist. Diese sogenannte „Demokratisierung“ der Energieversorgung, die durch eine immer größer werdende Dezentralisierung der Energieproduktion ermöglicht wird, ist sicher eine erstrebenswerte Entwicklung. Trotzdem, oder gerade deswegen, sollte hier eine Vision nicht dogmatisch umgesetzt werden, sondern es müssen verschiedene Tatsachen berücksichtigt werden.
Zunächst muss klargestellt werden, dass diese Vision eben kein System ist in dem Einzelne oder Gruppen abgeschottet von allen anderen „ihr“ Energiesystem als Insel betreiben. Zum einem kann es sich schlicht nicht jeder leisten in die nötige Ausrüstung zu investieren, die dafür notwendig wäre (und immer weitere Subsidien und Umlagen sind hierzu keine Lösung), zum anderen ist eine solche Konstellation, in der ein jeder versucht sich selbst zu optimieren, eben auch gesamtwirtschaftlich gesehen nicht das effizienteste – hier würden ganz einfach unnötig vervielfachte dezentrale Infrastrukturen aufgebaut. Es macht durchaus Sinn, einzelne Aufgaben auch weiterhin einem gemeinschaftlichen System zu überlassen; dies ist übrigens total vereinbar mit einer „sharing economy“, die ja ein weiteres Ziel der Rifkin-Vision ist. Diese gemeinsame und solidarische Infrastruktur – also die Weiterentwicklung des heutigen öffentlichen Netzes – ist außerdem absolut notwendig, um die Industrie hierzulande mit Energie zu versorgen. Sie möglichst vielseitig einzusetzen erhöht somit nicht nur die Effizienz des Systems, sondern ist ein Muss, um die Kompetitivität unserer Wirtschaft zu erhalten.
Ein zweiter Aspekt ist die Idee, den gesamten Energieverbrauch Luxemburgs mit einheimisch produziertem Sonnen- und Windstrom abzudecken. Dies ist durchaus möglich, wenn wir die erneuerbaren Energien weiter ausbauen, wie das zurzeit über öffentliche Ausschreibungen von Solarkapazitäten geschieht – das bedeutet allerdings nicht, dass wir ein „autonomes“ Luxemburg anstreben sollten. Dies weil es eben einen Unterschied zwischen Verbrauch und Leistung gibt, und um die momentane Leistung über das ganze Jahr abzudecken, müsste man Anlagen aufbauen die ein vielfaches der eigentlich benötigten Jahresenergie erzeugen könnten. Dies wäre schlicht unwirtschaftlich; viel besser ist es auch hier, sich im Verbund mit unseren Nachbarländern (und darüber hinaus) weiter zu entwickeln.
Da wir eine zunehmende Elektrifizierung unserer Gesellschaft beobachten, (die ja gerade im Transportsektor erst am Anfang steht) wird die Diskussion der zukünftigen Energieversorgung hierzulande auch fast ausschließlich über Strom geführt. Allerdings mehren sich auf der europäischen Ebene die Stimmen, die vor einer Fokussierung auf das „all electric“ warnen. In der Tat ist es aus heutiger Sicht nicht offensichtlich, wie unsere produzierende Industrie voll auf Strom umgestellt werden soll. Zusätzlich sollte beachtet werden, dass wir heute über eine qualitativ hochwertige Gasinfrastruktur verfügen, die über Jahre aufgebaut wurde. Unter heutigen Gesichtspunkten würde man sie sicherlich nicht nochmals errichten, aber da sie nun eben besteht und auch größtenteils finanziert ist, macht es wirtschaftlich Sinn, sie mit in die Überlegungen einzubeziehen.
Und noch ein letzter Punkt: es ist nicht so, dass durch Energieeinsparungen (sei das in Industrie, Transport, Wohnungsbau, …) unser Energieverbrauch in Luxemburg sinkt. Er wird durch unseren Wachstum getrieben; Einsparungen sind absolut notwendig – und alle Maßnahmen, die zu Einsparungen führen, müssen zwingend umgesetzt werden, wenn wir eine Chance haben wollen, unsere Klimaziele zu erreichen – aber damit werden wir den Energieverbrauch nur stabilisieren. Wenn wir aus dem Gesamtenergieverbrauch die CO2 intensivsten Energien durch Strom ersetzen, dann bedeutet das nun zwangsläufig, dass der Stromverbrauch auch weiterhin steigen wird. Deshalb wird auch in Zukunft, trotz aller Einsparungen, ein weiterer (intelligenter) Ausbau der Strominfrastruktur notwendig sein.
Unsere Energieversorgung wird (und muss) sich in den kommenden Jahren grundlegend ändern; es obliegt uns diese Entwicklung so zu gestalten, dass sie wirtschaftlich sinnvoll und sozial vernünftig umgesetzt wird.